Der Sinn der Symbolik

„In Wort und Schrift fand ich allein
bisher des Wissens Quelle.
Dring ich in höhere Wahrheit ein,
tritt das Symbol an diese Stelle.“

(Novalis, 1772-1801)

Besser kann man den Wert und die Bedeutung von Symbolen nicht erklären.

Der Begriff „Symbol“ entstand ursprünglich aus den beiden griechischen Silben „syn“ (zusammenwerfen) und „ballein“ und wurde durch das lateinische „symbolum“ (Zeichen oder Zeichen) zu „Symbol“.

Symbolik ist neben Ritual und Brüderlichkeit eine der drei Säulen der Freimaurerei. 

Nicht nur in der Freimaurerei gibt es viele Symbole, Worte und Handlungen, die darauf warten entdeckt, ergründet und letztendlich verinnerlicht zu werden.

Warum aber wurde all das alte und neue Wissen, welches in verschiedenen Mysterien-Schulen bis heute gelehrt wird durch Symbole verschlüsselt und nicht einfach durch klare, leicht verständliche Worte weitergegeben?

Die Antwort ist schwierig und simpel zugleich: In einer Zeit, in der Bücher nicht einen so vorrangigen Platz hatten wie in der heutigen Gesellschaft, konnten viele Menschen  ohnehin nicht lesen. Man wusste, dass demzufolge eine Reihe geeigneter Symbole und eindrucksvoller Handlungen die Gedanken eines Menschen stärker anregten und die Erkenntnisse dem Gedächtnis nachhaltiger einprägten als das Lesen oder Vortragen von Schriften.

Es gibt auch keine Worte, die auf die gleiche Weise Zugang zu unseren Herzen finden können, wie Symbole es vermögen.

Die mystische Symbolik ist also eine Bildersprache, mit deren Hilfe jene seelischen Bereiche angesprochen werden an die Worte und Begriffe nicht mehr heranreichen.

Aber auch deshalb, weil profane Worte sich im Laufe der Zeit verändern und damit auch ihre ursprüngliche Bedeutung verlieren können und diese weisen Worte nicht an eine Nation, Sprache oder Zeit gebunden sein dürfen.

Manche Symbole sind leicht zu verstehen, andere wiederum offenbaren sich erst, wenn man sich ausgiebig mit ihnen beschäftigt.  Zur Vorbereitung auf das Aufnahmeritual (die Initiation) heißt es an den Suchenden:

„Diese Einweihung zielt darauf ab, Sie zu lehren, das Licht , die Wahrheit hinter den Symbolen zu finden. Wir können Ihnen nur den Pfad weisen. Diesem zu folgen, soll Ihr eigenes Werk sein. Die Suche nach dem Licht in uns, ist die Ausübung der königlichen Kunst, höchste Freimaurerei.“

Die erforderliche, intensive Beschäftigung mit der Symbolik bewirkt also, dass sich im Lauf der Zeit unsere Art zu denken verändern kann. Wir werden in die Lage versetzt, die bisherige Sichtweise auf die Dinge zu ändern und den höheren Sinn im „Großen und Ganzen“ zu erkennen. Die gewöhnliche Wahrnehmung von Worten, Ereignissen und Gefühlen wandelt sich um zu einer anderen bewussteren Wahrnehmung unserer profanen Welt. Wir werden dadurch wachsamer!

Eine große Hilfe beim Erarbeiten de Symbole ist es, wenn man zunächst die weltliche, profane Bedeutung der Symbole und Handlungen erkennt. Was dann folgt, nennt man Analogie (griech. analogia = gleiches Verhältnis, Übereinstimmung), die Übertragung der Übereinstimmungen / Eigenschaften in einen anderen Bereich.  Ein Symbol mag zwar eine Bedeutung haben, aber erst das Zusammenspiel mehrerer Symbole öffnen dem Betrachter das Tor in eine tiefere alte Wahrheit und Weisheit.

So schreibt (1922) Bruder Wilmshurst in seinem Buch „The Meaning of Masonry“:

„Die Freimaurerei ist ein sakramentales System, welches wie alle Sakramente eine äußere und sichtbare Seite besitzt, die aus ihrem Zeremoniell, ihrer Lehre und ihren Sinnbildern besteht, die wir sehen und hören können, und einer inneren, mystischen und geistigen Seite, die hinter dem Zeremoniell, der Lehre und den Sinnbildern verborgen ist, und die nur dem Freimaurer bekannt ist, der gelernt hat, seine geistige Einbildungskraft zu benutzen, und der die Wirklichkeit zu erfassen vermag, die hinter dem Schleier der äußeren Sinnbilder verborgen liegt.“

Eine Maxime der Freimaurerei lautet:
„Die Freimaurerei gibt dir die Werkzeuge in die Hand, damit arbeiten musst du selber!“

Damit wird gesagt, dass uns Inhalt und Bedeutung von Ritualen und Symbolik nicht nur offen stehen, sondern dass wir lernen müssen, mit ihnen zu arbeiten und sie zu nutzen. 

Noch heute nehmen wir Freimaurer uns die Symbole der Arbeitstafeln der Steinmetze sinnbildlich zur Hand und konstruieren mit ihnen den Bauplan des eigenen Lebens, dessen vollkommenes Ideal der Tempel Salomons ist.

Er gilt symbolisch als Grundlage aller großen Kathedralen, die von unseren Vorfahren erbaut wurden, um den einen „Großen Baumeister aller Welten“ zu ehren, und dessen Perfektion wir nie erreichen werden. 

In späteren, höheren Stufen werden die Symbole und Allegorien komplexer, und die Freimaurerei ist nicht mehr nur an die  Symbole der Steinmetze gebunden. Alles um ihn herum ist nun als Symbol für ihn erfahrbar. Er nährt damit nicht nur seinen Geist, sondern trainiert auch seinen Verstand und wird dadurch schließlich zum Meister seines Lebens. ,